Die Sela sind ein, wenn nicht das fahrende Volk in Siebenhafen. Sie selbst bezeichnen sich auch als das „Achte Herzogtum“, denn sie sind überall präsent, gehören aber nirgends hin.
Sela ist Einzelbezeichnung und Sammelbegriff zugleich. Ein Sela, zwei Sela, alle Sela, die Sela. Manche glauben, es sei weniger ein Volk als vielmehr eine einzige große Familie.
Beachtet: nicht alle Fahrenden sind Sela - aber alle Sela fahren.
Die Sela sind eine sehr geschlossene Gruppe. Man wird als Sela geboren, man kann nicht zum Sela werden. Einzige Ausnahme wäre eine der sehr seltenen Einheiratungen. Ebenso wenig kann man das Sela-sein ablegen, denn keine sesshafte Gemeinschaft würde einen Sela aufnehmen.
Sie verdienen ihr Geld als Krämer oder Marketender mit dem Verkauf von begehrten Gütern, die sich schlecht selbst herstellen lassen: Bürsten, Seife, Reliquien, Spielkarten. Oder sie bieten die typischen Dienstleistungen fahrender Handwerker an: Messer- und Scherenschleifer, Kesselflicker, Brunnengräber. Ebenfalls völlig untypisch für Siebenhafener, ist es bei den Sela durchaus Brauch, Geld gegen Zinsen zu verleihen - ebenso kann man bei einem Sela an einem Ort einen Wechsel ausstellen lassen, den man bei einem Sela woanders einlösen kann.
Manche üben neben ihrem „Hauptberuf“ auch noch je nach Anfall weitere Tätigkeiten aus, zuweilen selbst als Abdecker oder Scharfrichter.
Das typische Bild des Sela wird bei vielen Siebenhafenern jedoch dem der Unterhaltungskünstler entsprechen: Spielleute Schausteller, Musikanten, Jongleure, Akrobaten, Jahrmarktboxer, Tänzerinnen, aber auch Kartenlegerinnen, Wahrsager, Handleser. Wenn eine große Gruppe Sela auftaucht, ist es, als ob der Jahrmarkt kommt. Gelegentlich bieten junge Sela-Frauen und -Männer auch käufliche Zuneigung an - seien es eine harmlose Massage oder die fleischliche Vereinigung gegen Geld.
Neben der Tatsache, dass die Sela immer in größeren Gruppen auftauchen, und dass sie ihre typischen Berufe ausüben, lässt sich ein Sela immer an seiner Kleidung erkennen. Früher von der Not dazu gezwungen, tragen sie aus Tradition immer noch oft Kleidungsstücke, die aus bunten Resten zusammengesetzt und bisweilen auch häufig geflickt wurde. Selbst wenn die Kleidung dadurch an arme Leute erinnert, trägt ein Sela es mit Stolz, weil es ihn als Sela kenntlich macht.
Oft sind die Sela auch reichlich mit Schmuck behängt, die Männer wie die Frauen. Neben dem Wunsch nach einem auffälligen, klingelnden Erscheinungsbild hängt das auch oft damit zusammen, dass sie so ihr Vermögen mit sich führen. Bisweilen werden sie von den Sesshaften durch ihren teilweise freizügigen Stil als ordinär wahrgenommen.
Jeder erkennt auf der Straße die bunten Wagen und die reich bestückten Bauchläden und Kiepen der Selahändler, und ihr Auftauchen wird oft schon weit im Voraus vom Bellen zahlreicher Hunde angekündigt.
Die Sela stellen sich stets mit einem Reim vor, in dem sie um Beherbergung bitten und ihre Dienstleistungen und guten Eigenschaften anpreisen.
Sela sprechen die „Sesshaften“ stets mit „Kompan“ an. Das Wort stammt aus ihrer alten Sprache, die Außenstehende heutzutage aber nicht mehr zu hören bekommen. Sie wollen damit respektvolle Verbundenheit ausdrücken.
Natürlich sind die Sela brave Rotisten, aber noch stärker als bei den sesshaften Leuten wird ihr Leben vom Aberglauben und von Ritualen bestimmt, und ihr rotistisches Leben bietet Außenstehenden einige exotische Eigenheiten.
Auch wenn viele Dörfer, Städte und Gemeinden die Sela nicht in ihrer Mitte haben wollen (viele haben Voruteile, die Sela stählen, vergewaltigten und raubten Kinder), verlangt doch die Tradition, sie zwei Nächte innerhalb ihrer Grenzen zu beherbergen.
Die Sesshaften sind in der Tat in vielerlei Hinsicht von den Fahrenden abhängig - von den Gütern und Waren abgesehen, die sonst nicht zu bekommen sind, verlangt es jede Seele auch hin und wieder nach Zerstreuung. Und fast noch wichtiger - für viele Siebenhafener, die ihr Leben lang ihr Geburtsdorf nicht verlassen, sind sie die einzige Möglichkeit, an Nachrichten aus der großen weiten Welt zu kommen.
Auf gewisse Weise sind Sela daher in den Orten der Sesshaften durchaus willkommen - obwohl sie niemals als gleichwertig wahrgenommen oder gar behandelt werden. Sie genießen durch ihre Nichtsesshaftigkeit zwar einige Vorteile, genießen aber nie den Schutz der Gesellschaft wie die Sesshaften. Ihr einziger Schutz ist ihre eigene Gemeinschaft, was gegen Straßenräuber oder einzelne Pöbler gut funktioniert (Sela halten immer zusammen), aber gegenüber der Obrigkeit und dem Adel nichts nützt. Daher haben sich die Sela, so offen sie an ihrem eigenen Lagerfeuer über den vertrottelten Ritter auf der letzten Burg herziehen mögen, gegenüber Adeligen, Bütteln und allgemein höhergestellten eine ausgesprochen höfliche und unterwürfige Umgangsweise angewöhnt.