Mancher mag denken, dass dieses Herzogtum von einem einzigen Wald bedeckt sei, in dem es von Einhörnern nur so wimmle. Diese Zeiten sind jedoch schon lange vorbei, und die Stadt Einhornwald hat ihren Namen noch aus diesen Zeiten, von denen nur noch die Elfen wissen.
Elfen gibt es viele in Einhornwald, und ihr Einfluss ist überall zu spüren. Mir war, als sei das Jahr mit einem Schlag um mehrere Monate fortgeschritten, als ich den Waldessaum passierte. Zum ersten Mal fielen mir keine Wachen an den Grenzen auf, aber mir wurde später versichert, es seien welche dort gewesen. Als ich tiefer in Wald vordrang, wurde die Luft merklich milder, und ich sah sogar Bäume, die Blätter trugen, obwohl es in Alt-Trutzburg nicht einmal Zeit für die Knospe gewesen war.
Auf dem ganzen Weg durch den Wald sah ich keines Zweifaltigen Angesicht, obwohl die vielen, vielen Waldbewohner doch nicht alle in den Regionen des Waldes hausen konnten, die ich nicht durchwandert hatte. Ich fand immer zur passenden Zeit eine Stelle weichen Mooses am Wegesrand, meist mit einer kleinen Quelle in der Nähe, und meine Wegzehrung verringerte sich fast nicht, da der Wald übervoll mit Nüssen, Beeren und Früchten ausgestattet war. Nach einigen Tagen des Dahinschreitens auf dem duftenden Waldesboden war ich mir gar nicht mehr des Umstandes bewusst, dass diese Nahrung eigentlich noch gar nicht hätte wachsen dürfen.
Einhornwald selbst liegt an der Küste, an der Mündung der Leiswasser, und unterscheidet sich von den meisten Städten, die ich bis jetzt besucht hatte, nur wenig. Jedoch traf ich auch in der Stadt nur wenig Elfen an. Nur auf den Märkten konnte ich einen Blick auf hochgewachsene, schlanke Gestalten von ebenmäßigem Wuchs erhaschen, die entweder die Güter des Waldes zum Tausch anboten oder Dinge, die sie im Wald nicht selbst herstellen können, erhandelten. Ich quartierte mich in einer kleinen Herberge in der Nähe des Domes ein und frug meine Tischgefährten, ob sie mir mehr Kunde von diesem heimlichen Volk bringen könnten. Ich erfuhr sehr viele Neuigkeiten, die ich für euch hier zusammenfassen möchte.
Die Elfen waren bereits in Einhornwald, bevor die Menschen von Ihm und [:[Milena|Ihr]] erfahren hatten. Als die Menschen begannen, das Gebiet des Herzogtums für sich zu beanspruchen, schlugen die sonst so sanftmütigen Elfen mit überraschender Brutalität zu und verhinderten auf viele Jahre, dass Menschen in ihr Hoheitsgebiet eindrangen. Erst in jüngerer Vergangenheit, als die Vorväter Fürst Borwins das Wappen mit dem Greifen führten, drangen die Menschen wieder nach Einhornwald vor. Nur der Weisheit des damaligen Fürsten, Karolus, ist es zu verdanken, dass die wunderbaren Wälder nicht wiederum vom Blut der Toten besudelt wurden. Er verhandelte mit den Elfen, und sein weises und freundliches Wesen sowie die verlockenden Angebote, die er den Elfen machte, und die strengen Regeln, die er den Menschen auferlegen wollte, besänftigten die Elfen und ermöglichten einen Friedensschluss.
Die Elfen pflegen nach wie vor ihr altes Herrschaftssystem, das sich um eine Königin im Herzen des Waldes schart. Niemand kennt ihren wahren Namen, die Menschen in Einhornwald nennen sie Arbanemiel, was auf elfisch angeblich so viel heißen soll wie „Herrin der Baumbewohner“, aber da die Elfen uns Menschen nicht in ihre Sprache einweihen, war ich nicht in der Lage, das zu überprüfen. Diese Elfe war es schon, die mit Karolus verhandelte. Trotzdem pflegen die Elfen steten, wenn auch dünnen, Kontakt zu den Menschen. Besonnene Menschen, die die Natur achten und den Wald und die Lebensweise der Elfen respektieren, machen die Elfen zu ihren Freunden. Ferner sind sie ein zuverlässiger Schutz gegen die fünfschwänzigen Kreaturen Nebelheims, denn nichts hassen sie mehr als die Zerstörung. Da sich die Elfen nicht um das Leben der anderen Zweifaltigen außerhalb ihrer Heimatwälder kümmern wollten, wurden in den Städten Truchsesse gewählt, die die Macht der Elfenkönigin über die Menschen ausüben sollten und von denen naturgemäß jener von Einhornwald die meiste Macht auf sich vereint.
Die Elfen leben jetzt zurückgezogen in den Wäldern, die eine wundersame Magie, die dem Land gegeben ist, so saftig und schön hält, wie ich es erlebt habe. Die Menschen haben sich in die wenigen Orte und auf die Äcker und Felder zurückgezogen und lassen die Elfen gewähren. Der Truchsess Einhornwalds, Kuno, regiert mit strenger Hand seine und die Städte und Orte der anderen Truchsessen. Sein Handeln, vor allem seine opulenten Jagdgesellschaften, fordern immer wieder den Langmut der Elfen heraus, aber bis jetzt kam es zu wenig mehr als wütenden Streitgesprächen zwischen den Jägern und den Wächtern der Wälder. Dies führt unglücklicherweise dazu, dass die Elfen sich immer seltener außerhalb ihres heimatlichen Blätterdaches zeigen und die Abneigung den Menschen gegenüber immer mehr wächst.
Leider musste ich Einhornwald verlassen, ohne von den Elfen ins Vertrauen gezogen worden zu sein, denn wenn die Menschen Einhornwalds ihren Gottesdienst verrichten, wie es sich gehört, stehen die Elfen dem Glauben doch sehr ablehnend gegenüber. Ich hörte, sie beten den Kreislauf des Lebens, die Waldgeister und andere, fremde Dinge an, wenn man überhaupt in diesem Zusammenhang von beten sprechen kann.